Sigmund Freud und Wilhelm Reich

Die Erfindung der Psychoanalyse

Eine Beschreibung einer TV-Biographie (Arte) von Elisabeth Kapnist, Elisabeth Rouchineslo und Francoise Castro über Sigmund Freud und die Erfindung der Psychoanalyse mit einer anschließenden Kritik

von John Trettin

Das Bild trägt folgende Widmung:

Herrn Dr. Wilhelm Reich zur freundlichen Erinnerung an Sigmund Freud, März 1925


"Ich begann meine berufliche Laufbahn als Neurologe. Ich versuchte das Leiden meiner neurotischen Patienten zu lindern. Dabei machte ich einige wichtige Entdeckungen über das Unbewußte. Aus dieser Entdeckung entwickelte sich eine neue Wissenschaft - die Psychoanalyse. Ich mußte einen hohen Preis zahlen für das Glück dieser Entdeckung. Ich stieß auf harten und unnachgie- bigen Widerstand. Am Ende hatte ich Erfolg. Aber der Kampf ist noch nicht vorbei - Mein Name ist Sigmund Freud."

Mit diesem Kommentar durch Freud selbst, einer Filmsequenz, die vermutlich in den letzten beiden Jahren in England aufgenommen wurde, beginnt der Dokumentarfilm von Elisabeth Kapnist über Sigmund Freud und die Geschichte der Psychoanalyse, die bis in die 70er Jahre reicht.

Er (Freud) zerbrach die der Sexualität anhaftenden Tabus und ermöglichte es den Frauen sich zu emanzipieren. Nachdem er die Grundlagen seiner Theorie entwickelt hatte, beschloß er eine Gruppe von Wissenschaftlern, Ärzten, Historikern und Schriftstellern um sich zu versammeln und die 1. Freudsche Vereinigung als Versuchslabor zu gründen. Sie wollten die Welt verändern mittels einer neuen Idee - der Psychoanalyse." Ihr erstes Zusammentreffen ist im Oktober 1902 in der Berggasse 19, in Wien. Die Gruppe besteht ausschließlich aus Juden.

Im Film kommen verschiedene Experten zu Wort. Stellvertretend für alle anderen sollen hier die beiden wichtigsten genannt werden: Elisabeth Roudinesco-Historikerin an der Universität von Paris und Peter Gay - Historiker und neben Ernest Jones weiterer Freud -Biograph an der Yale Universität, New Heaven.

Der Arzt Joseph Breuer ist der erste, der Sprechtherapie bei der Behandlung von Hysterikern einsetzt. Einer seiner ersten Fälle ist der bekannte der Anno O - Berta Pappenheimer 1882.

Hysterika findet man zu dieser Zeit häufig im Bürgertum, die sich in das steife Korsett der gesellschaftlichen Ansprüche einfügen müssen, sich aber nach einem anderen emotionellen Liebesleben sehnen. Die Krankheit Hysterie wird hier das Ausdrucksventil.

Anna O`s Symptome werden gelindert, aber nicht geheilt, - sie wird später eine Vorreiterin der Frauenbewegung. -

Breuer und Freud veröffentlichen die "Studien zur Hysterie", in der viele Fallgeschichten dargeboten werden.

Im Herbst 1886 eröffnet Freud seine eigene Praxis. Eine Patientin -Fanny Moser, fordert Freud 1886 auf sie nicht zu berühren und sie nur erzählen zu lassen.

Was sie ihm dann offenbart, führt Freud zu dem Schluss: Die Neurose ist keine außergewöhnliche Krankheit, sondern eine von vielen geteilte Folge nicht gelöster infantiler Konflikte.

Freud lernt den deutschen Hals- Nasen Ohrenarzt Wilhelm Flies kennen. In einem ausgedehnten Briefwechsel über Jahre entwickelt er Theorien und Therapieverfahren, wie z.B. die Verführungstheorie. später die Theorie der Phantasie. Verführungen müssen nicht real passieren, sie können phantasiert sein.

Freud lebt mit seiner Frau Martha und seiner Schwägerin Minna zusammen. Er führt ein Leben als autoritärer Patriarch. Martha interessiert sich nicht für die Psychoanalyse, Minna dagegen sehr. Sie wird Freuds Vertraute. Freud hat 6 Kinder -3 Buben und 3 Mädels. Die Buben erhalten eine liberale Erziehung, die Töchter jedoch eine üblich konventionelle.

Freud entwickelt die Begriffe Libido und Verdrängung.

Mit dem Tod seines Vaters beginnt er seine Selbstanalyse.

Das Buch die Traumdeutung erscheint 1900. Die 3 Abhandlungen zur Sexualtheorie 1905. Hier führt Freud den Ödipuskomplex ein, den alle Kinder im Alter zwischen 3 und 5 Jahren durchlaufen. Freuds Psychoanalyse steht auf dem Fundament der abendländischen Philosophie.

1907 trifft er Carl Gustav Jung. Jung äußerte in einem Filminterview, das er 1957 gab, daß er bei seinem ersten Treffen mit Freud 13 Stunden ununterbrochen mit ihm sprach und das beide hinterher völlig erschöpft waren.

Jung über Freud: "Er war eine komplizierte Person. Ich mochte ihn sehr, aber ich stellte fest, wenn er erst einmal einen Gedanken gefaßt hatte, dann blieb es dabei. Ich dagegen zweifelte immer an allem. Es war einfach unmöglich etwas mit ihm in allen Tiefen auszudiskutieren. Er hatte keine philosophische Ausbildung. Ich dagegen war durch Kant geschult. Ich hatte diese Art von Denken verinnerlicht. Und das lag Freud sehr fern, insofern gab es von Anfang an grundlegende Unterschiede."

1910 gründet Freud die Internationale Psychoanalytische Vereinigung. Die Leitung übernimmt C.G. Jung. 1912 lernt Freud Ernest Jones kennen, der 1911 die amerikanische und 1917 die englische Gesellschaft für Psychoanalyse gründet. Er wird ab diesem Zeitpunkt eine Wichtige Rolle in der weiteren Geschichte der Psychoanalyse einnehmen.

Freud lernt Sandor Ferenczi aus Budapest kennen. Beide werden sich in den kommenden 25 Jahren annähernd 3ooo Briefe schreiben. Ferenczi führt wieder die Berührung am Patienten ein. Er glaubt an ein frühkindliches Liebesdefizit und das Berührung und Küsse von seitens des Analytikers positive Auswirkungen für die Therapie haben.

Später schreibt Ferenczi an Freud: "Erst durch die Psychoanalyse wurde aus dem Kinde ein Mann. Erst in ihrer Herrschaft in mir kann ich das Lustprinzip dem Realitätsprinzip besser unterordnen, diese lose Affektverschwendung besser hemmen. Mit dem Sterben und Kranksein habe ich mich so ziemlich versöhnt. Ich lerne es die Menschen wie die Kranken zu behandeln und zu betrachten. Ich hemme die infantilen Tagträume, indem ich sie auf ihre Wurzeln zurückführe."

Ferenczi bekommt 1919 den 1. Lehrstuhl für Psychoanalyse in Budapest.

Ebenfalls 1919 gibt es den ungarischen Aufstand, der jedoch nach 4 Monaten wieder niedergeschlagen wird. Die ungarischen Analytiker fliehen nach Berlin. Dort wird 1920 das Berliner Psychoanalytische Institut gegründet. Ihm ist eine Poliklinik angegliedert, an der Patienten je nach Einkommen behandelt werden.

In Berlin praktiziert auch Karl Abraham seit 1907 die Technik der Psychoanalyse. Melanie Klein beginnt in Berlin als Kinderanalytikerin.

Um 1920 fängt Freud an Regeln für den psychoanalytischen Umgang zu entwerfen. Dazu gehört es auch nahestehende Personen nicht mehr zu analysieren. Freud verstößt selbst gegen diese Regel und analysiert seine Tochter Anna 1918.

Peter Gay kommentiert dazu: "Die beiden (Sigmund und Anna Freud) verschmolzen buchstäblich. Er entdeckte, daß sie brillant war, absolut loyal und ohne jegliches Interesse für andere Männer. Ihr Vater ersetzte ihr alle und sie ihrem Vater alle Frauen. Sie wurde zu seinem 2. Ich."

1920 stirbt Freuds Tochter Sophie während einer Grippeepidemie. Freud verwindet den Schmerz über den Tod seiner geliebten Tochter schlecht. In Freud tritt das Prinzip "Jedes Leben neigt zum Tode" hervor. Freud begründet die Todestriebtheorie und verfaßt die Schrift Jenseits des Lustprinzips. Er hält das ES für unzugänglich, das ICH für nur teilweise bewußt und das ÜBERICH für den einschränkenden Faktor allgemein. Krankheit ist nun ein Ungleichgewicht für diese ewig sich im Streit befindenden Instanzen.

Die neue Lehre wird nicht von allen Schülern akzeptiert. Es gibt Kritik.

1923 stirbt auch Sophies Sohn, Heinz Freuds Lieblingsenkel. Freud äußert sich "Diesen Verlust ertrage ich so schlecht -ich habe selten etwas so schweres erlebt. Im Grunde ist mir alles entwertet."

Freud erkrankt selbst an Kieferkrebs, was ihm sein Arzt aber anfänglich verheimlicht.

Ernest Jones dazu: In 16 Jahren wurde er 23 mal operiert und es waren jedesmal schwere Operationen und dazu kam noch die Behandlung zwischendurch -Radium und Röntgenbestrahlung, um ihn zu foltern, wie er sagte. Er mußte ein sehr unbequemes Gebiß tragen -Er war nie frei von Beschwerden. Er hatte fast immer Schmerzen. Er ertrug diese Schmerzen mit vorbildlicher Stärke,- in Demut und Stille. Ich habe nur einmal gehört, daß er klagte. Als die Schmerzen fast unerträglich waren, da sagte er: "das muß doch wirklich nicht sein".

Ab 1925 beginnen sich die Amerikaner für die Psychoanalyse zu interessieren. Freud äußert sich verachtend. "Die Psychoanalyse steht den Amerikanern wie das weiße Hemd eines Raben."

Im September 1925 besuchen verschiedene Amerikaner Freud in Wien und lassen sich von ihm analysieren. Eine Therapiestunde kostet für sie 10 Dollar. Die Amerikaner finden das enorm teuer.

1925 beginnt die Psychoanalyse in Frankreich Fuß zu fassen. Marie Bonapard, die Urgroßnichte Napoleons und Prinzessin von Griechenland ist von sexuellen Problemen besessen. Sie wird Freuds Patientin und später Freundin der ganzen Familie. Sie stellte ein Großteil ihres Vermögens in den Dienst der Psychoanalyse.

1928 stirbt Karl Abraham im Alter von 46 Jahren. Die Berliner, die ihre Führungsperson verloren haben, werden orientierungslos. Melanie Klein geht nach London. Sie entwickelt eine Theorie um die Mutter/ Kind Symbiose und lehnt Freuds Theorie eines primären Narzismus ab.

Die Surrealisten wie Max Ernst und Salvador Dali eignen sich die Psychoanalyse an,-für Freud nur überspannte Persönlichkeiten. Er fühlt sich unverstanden. Psychoanalyse ist für ihn keine subversive Theorie.

Die politischen Wirren dieser Zeit steigern Freuds Pessimismus. Nun hält er jegliche gesellschaftliche Niedertracht für möglich.

1929 erscheint "Das Unbehagen in der Kultur ".

Nach der Weltwirtschaftskrise wird Adolf Hitler 1933 Reichskanzler.- Das Judendrama nimmt ihren Lauf.

Freud äußert sich: "Meine Sprache ist deutsch, meine Kultur und meine Werke sind deutsch. Ich habe mich als einen Intellektuellen der deutschen Kultur betrachtet, bis ich des Anwachsens eines antisemitischen Vorurteils in Deutschland und deutsch -Österreich gegenwärtig wurde. Seit dem ziehe ich es vor mich Jude zu nennen."

In Berlin wurden Freuds Bücher mit Parolen wie: "Gegen die Verherrlichung seelenverderbender Triebe übergeben wir den Flammen die Schriften der Schule Sigmund Freud", verbrannt.

Freud dazu: "Was wir für Fortschritte machen. Im Mittelalter hätten sie mich verbrannt. Jetzt begnügen sie sich damit meine Bücher zu verbrennen."

Die neuen Rassengesetze verändern das Bild der Psychoanalyse.

Freud schreibt an Jones: "Unsere politische Situation scheint sich immer mehr zu trüben. Das Eindringen der Nazis ist wahrscheinlich nicht aufzuhalten. Die Folge, auch für die Psychoanalyse ist unheilvoll."

Jones setzt sich für die deutschen Analytiker ein und ist behilflich, daß die jüdischen Analytiker ausreisen dürfen.

Jones Rolle in dieser Angelegenheit ist umstritten -Freud widerspricht Jones nicht.

Die Juden Rene Spitz, Erich Fromm, Franz Alexander, Siegfried Bernfeld, Robert Flies, Sandor Rado, Frida Fromm-Reichmann, Helene Deutsch und andere müssen Deutschland verlassen und gehen großteils in die USA.

Lediglich 14 unbedeutende arische Psychoanalytiker bleiben in Deutschland zurück, für die sich Jones einsetzt.

Aus der Berliner Poliklinik wird 1938 das Göhring Institut, unter der Leitung Matthias Heinrich Göhrings, einem Vetter von Hermann Göring.

Der Psychoanalytiker Karl Müller Braunschweig vertritt die Theorie der Nützlichkeit der Psychoanalyse für den N.S.-Staat. Felix Böhm setzt Homosexuelle mit Kranken gleich.

Die Begrifflichkeiten Libido und Ödipuskomplex werden verboten.

1938 wird Österreich von den Nazis besetzt. In der kurzen Tageschronik, die Freud seit 1929 schreibt, trägt er ein:

"Fines Austria"

Ein Teil seines Besitzes wird von den Nazis beschlagnahmt. Anna wird von der Gestapo verhaftet. Da beschließt Freud Österreich endgültig zu verlassen.

Er verläßt Wien mit seiner Frau und Tochter am 4. Juni 1938. Dies ist wahrscheinlich nur durch den finanziellen Einfluß von Marie Bonarpart möglich.

Freuds 4 Schwestern haben nicht so viel Glück- die fallen dem Holokaust zum Opfer und werden in Konzentrationslager deportiert.

Mizi und Dolfi sterben in Theresienstadt. Paula und Rose in Treblinka.

Freud kommt am 5. Juli in Paris an.

Das letzte Jahr verlebt er in London. Dort beendet er sein Buch Der Mann Moses und die monotheistische Religion -ein Buch , indem es um die Führerrolle Moses ging, seine Gesetzgebungen und das gelobte Land, das er selber nie erreichte.

Am 21. September 1939 bittet Freud seinen Arzt Max Schwer ihm beim Sterben zu helfen. Er sagt: "Besprechen sie es mit der Anna und wenn sie es für richtig hält, machen sie ein Ende."

Am 23. September erhält er die letzte Dosis Morphium.

"Es war der erhabene Schluss eines erhabenen Leben", wird später ein bekannter Schriftsteller über Freuds Tod sagen.

Nach Freuds Tod beginnen zwischen 1940 und 1944 die großen Kontroversen, besonders zwischen Melanie Klein und Anna Freud.

Man sucht nach einer Neuorientierung für die Zukunft.

Die Neo-Freudianische Schule bildet sich heraus -doch sie ist nicht einheitlich.

1945 bildet sich als erste die französische Schule, die noch als einzige der Ursprünglichkeit Freuds nahe kommt und einen Bezug zum Surrealismus hat, anschließend bildet sich die englische -, empirischer Prägung und zuletzt die amerikanische, die auf Kompensation ausgerichtet ist.

Österreich, Ungarn und Deutschland nehmen nach dem Krieg keine bedeutende Stellung mehr ein.

Den tiefsten Einbruch erleidet die amerikanische Schule. Sie vertritt die Theorie der Angleichung an das Individuum, an die Gesellschaft des Purismus und der Pragmatik.- Die Assimilierungstheorie, die Elisabeth Rouchineslo vertritt, gibt ihre Meinung wieder, daß dies das Problem der Emigranten selber gewesen sei.

Die amerikanische Psychoanalyse war in ihrer weiteren Entwicklung auf Hygiene und Religion ausgerichtet -auf individuelles Glück im Dienste des freien Unternehmertums -so jedenfalls die Kritik der Franzosen. Ab 1970 wird auch dieser Zweig immer unpopulärer und die chemische Industrie setzte sich immer mehr und mehr durch.

Gay erinnert an Freuds Schrift; Der Abriß der Psychoanalyse. Darin schreibt Freud, daß eine Zeit kommen wird, in der etwas anderes an die Stelle der Psychoanalyse treten wird und das es eines Tages Medikamente geben könnte, die das gesunde Bewußtsein wecken würden, und wenn es soweit kommen würde, dann würde die teure Psychoanalyse dadurch ersetzt werden.

Heute (1998 ) gibt ca. 25.000 Psychoanalytiker weltweit

Die Geschichte der Pyschoanlyse -ohne Wilhelm Reich ?

Rezension von John Trettin

Wieviel Bioenergetiker es heute gibt, darüber gibt es bis heute meiner Meinung nach keine bekannten Erhebungen. Einig war man sich jedoch in den 30ger Jahren, daß Wilhelm Reichs Charakteranalyse, aus der letztlich die Körpertherapie hervorging, in den 30ger Jahren das best durchdachteste Buch der Psychoanalyse war. Die Technik der Charakteranalyse ging aus der Widerstandsanalyse hervor, die wiederum die Antwort auf die negative therapeutische Reaktion der damaligen Psychoanalyse der 20er Jahre war. -

Das technische Seminar, die Genitalsfrage, der Inhalt dessen was Libido ist, findet in Elisabeth Kapnist Freud-Biographie keinerlei Erwähnung. Dadurch skizziert Kapnist eine sterile Psychoanalyse, eine Hülle ohne Leben. Die Funktion der Sexualität findet keine hinreichende Erwähnung, Freuds ursprüngliche Lehre, sowie Wilhelm Reich als Person ebenfalls nicht. Die Psychoanalyse wird so in einem isolierten Rahmen dargestellt, die die Entdeckungen Freuds und dessen Konflikt mit der Welt, aufs Schärfste widerspricht.

Sie folgt eher einem Muster, dem Vorhang der Erkenntnis etwas aufzuziehen, um ihn dann hinterher wieder zu verschließen.

1952 führte der inzwischen in den USA lebende Psychoanalytiker Eissler im Auftrag der Sigmund Freud Archive das berühmt gewordene Interview mit Reich über die Zeit mit Freud, das von Wilhelm Reich noch bereits zu seinen Lebzeiten der Öffentlichkeit übergeben wurde. Hierin beschreibt Reich Freuds Veränderung ab 1924. Freud zog sich von allem zurück und niemand wußte warum. Hier die mögliche Antwort : 192o stirbt Freuds geliebte Tochter Sophie und 1923 ihr Sohn, sein geliebter Enkel Heinz.

Es ist genau die Zeit, in der Freud Jenseits des Lustprinzips publiziert, kurz darauf seine Todestriebtheorie -der unbewußte Wunsch zu sterben. Ebenfalls zu dieser Zeit entwickelt Freud seinen Rachenkrebs.

Im Interview mit Eissler bemerkt Reich, der mittels der Libidotheorie die Orgonstrahlung entdeckte und damit in den 40ger Jahren physikalisch und psychiatrisch Krebs behandelte:

"Er (Freud) lebte ein sehr ruhiges, stilles, sittsames -Familienleben, aber es besteht kein Zweifel darüber, daß er genital außerordentlich unbefriedigt war. Seine Resignation und seine Krebserkrankungen waren die Folge davon. Freud als Person mußte aufgeben.... Weil er eine weitgehende Erkenntnis dessen besaß, was Jugend ist und wofür die Menschen leben, mußte er, für seine Person aufgeben. Nun wenn meine Theorie richtig ist, wenn meine Ansichten über den Krebs richtig sind, gibt man einfach auf, man resigniert -und dann schrumpft man zusammen. Es ist sehr begreiflich, warum er seine "Epulis" entwickelte. Er rauchte viel, sehr viel -nicht aus Nervosität, sondern weil er etwas sagen wollte, daß er nie über die Lippen brachte,- als ob er etwas in sich hineinfressen müßte. Beißen, ein Impuls etwas in sich hinein zu fressen .. und hier entwickelte er seinen Krebs. Wenn man einen Muskel Jahr um Jahr beißt, beginnt das Gewebe zu verderben. Und der Krebs bildet sich. Ja, das kann man in der psychoanalytischen Theorie nicht finden. Das folgert direkt aus meinem Werk -der Orgonomie."

Tatsächlich enthält die Film-Dokumentation von Kapnist reichliches Filmmaterial von Freud und auf dem sieht man Freud fast ausschließlich fortwährend beißend.

Bestürzend fand ich die Briefpassage von Ferenczi, die mich eher an die Tranzendentale Meditation erinnerte. Glück empfinden , indem man Affekte hemmt und auf den Ursprung zurückführt. Es hatte den Anschein als hätte Ferenczi diesen Kommentar bereits in Freuds Phase der Sublimation geschrieben .

Besser empfand ich da eher Ferenczis Verstehen, daß der Patient Liebe und Emotion braucht (man muß den Patienten ja nicht gleich küssen, wie Ferenczi es zeitweilig tat). Ferenczi analysierte die Tochter seiner Geliebten und verliebte sich prompt in sie. Vermutlich mißfiel das Freud. Solches Verhalten bezeichnete er als Übertragung und forderte von Ferenczi Abstinenz.

Auch Melanie Klein kam einen orgonomischen Prinzip sehr nahe -der Mutter-Kind Symbiose der ersten Zeit und damit dem Prinzip der orgonomischen Überlagerung.

Verschwiegen wurde dasß C.G. Jung später die Trennung einer germanischen von einer jüdischen Psychologie als Präsident der allgemeinen ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie im Zentral Blatt des deutschen Göring-Instituts forderte.

Zu seiner Zeit war Freud stolz darauf in den Anfängen mit Jung den ersten Nicht-Juden in seinem Kreis zu haben. Freud war der Mann Moses, der das gelobte Land nicht erreichte, sowie Reich Jesus Christus, der die Sünden der Menschen auf sich nahm .- Was für tragische Wahrheiten.

Trotz der energetischen Erkenntnisse Reichs, muß Freud der 1. Platz im Bereich der Psychologie eingeräumt werden. Hier stieß Freud das Tor zu einer Reise in einen geistigen Raum auf, die noch lange nicht zu Ende ist und in der psychedelischen Bewegung Timothy Leary`s der 50er und 60er mit LSD ihre Fortsetzung fand.

Der Reich Schüler Simion Tropp benutzte LSD um etwas aus seiner Kindheit herauszufinden, was immer es auch war.

Dr. Alan Cott, einer der vier Ärzte der New Yorker Malboro-Klinik, die zu Reichs späten Hauptschülern in den USA gehörten, behandelte später mit hochdosierten Vitaminen und hatte damit sehr viel Erfolg, ich glaube vor allem bei lerngestörten Kindern. In einem persönlichen Interview in New York 1989 , das Cott mir gab , sagte er, daß er glaubte, daß auch sicher Reich zu dieser Methode gekommen wäre - hätte er länger gelebt.

Trotz aller funktionellen Identitäten und Gegensätze sind Energie und Geist doch verschiedene Paar Schuhe, genauso wie Energie und Materie. Der rote Faden des Funktionalismus hält alles zusammen, bzw. ist der Ausdruck dieser Wechselkomponenten.

Korrigierte Fassung 27.10.98

das unwesentlich geänderte Original ist im SexPol OML Archiv einzusehen

http://ourworld.compuserve.com/homepages/B_Freihold2/oml.htm

John Joachim Trettin

Wilhelm Reich Orgoninstituts - IOO