• Um 17.00 stellen der Verleger J. Schmidt von Schwind, die Herausgeber K. Holl / C.Glunz und der Grafiker EusebiusWirdeier im Stadtgarten den Bildband "1968 am Rhein - Satisfaction und ruhender Verkehr" der Presse vor.

• 19.30: Tita Gaehme, Lothar Gothe, Erwin K. Scheuch, Louis F.Peters, Moderation Martin Stankowski

• ca. 21.00: Vorstellung eines Orgonakkumulators nach Wilhelm Reich durch John Trettin (eh. Horla Kommune)

• 21.30 Winfried Bode "The Gang" und Ralph Aurand "The Misfits" mit Bandmitgliedern der 60er Jahre

• 23.00 von Otto Muehl, Hermann Nitsch, Helmuth Costard, Kurt Kren. W/B Hein, Andy Warhol - 30 Jahre nach ihrer Beschlagnahmung durch die Kölner Polizei wegen Verbreitung von Unzucht zum erstenmal wieder zu besichtigen, vorgestellt von Prof. Birgit Hein

Sehr geehrte, liebe Freundinnen und Freunde,

30 Jahre nach den Xscreen Undergroundfilm-Tagen 1968, lade ich Sie/Euch zu einer Filmnacht ein mit Beat und Diskussion und zwar am 2. Oktober 1998 im Kölner Stadtgarten. Vielleicht wird es für viele von uns ja auch ein kleines Fest, wo wir Leute wiedertreffen, die wir seit Jahren, vielleicht Jahrzehnten, aus den Augen verloren haben. Wir sind hoffentlich neugierig aufeinander geblieben, etwa auch auf die Meinung der anderen von einer WeIt, die um einiges komplizierter geworden ist. Ich habe die Organisation dieser Nacht in Angriff genommen, nachdem mich viele dazu ermutigten, z.B. Louis F. Peters, Pui Schmidt von Schwind, Bernd Hartmann, Bea Novy, Thomas Köster, Lothar Gothe, Reiner Kippe, Jens Hagen, Anne Lütkes, Steffen Lehndorff und übrigens auch derzeitige Studentlnnen der Uni Köln.

Wer nicht kommen kann, wird in jedem Fall reichlich entschädigt durch den Bildband "1968 am Rhein", dessen Prospekt beiliegt und der Anfang Oktober zur Buchmesse erscheint. Der Kölner Grafiker Eusebius Wirdeier hat aus den ca. 600 Fotos und Dokumenten ein kleines Kunstwerk gestaltet: für die "Alten" ein Genuß, längst Vergessenes wiederzuentdecken und für manche "Jungen" ein erster authentischer Zugang, der auch noch Spaß macht.

Ich freue mich, Euch am 2. Oktober im Stadtgarten begrüßen zu können.

Köln, 14.9.1998

PS. Ich baue für das "Köln-Archiv" eine APO-Sammlung auf. Falls Ihr/Sie also Dokumente aus der Zeit bis in die 7Oer Jahre aufbewahrt habt (Fotos, Flugblätter, Protokolle, Plakate etc.), würde ich mich freuen, wenn Ihr mir Kopien zukommen laßt oder die Sachen als Leihgabe in die Sammlung gebt. Alles würde unter Eurem Namen erfaßt und bliebe Euer Eigentum.

Der Bildband erzählt die große Aufbruchbewegung, die Ende der sechziger Jahre das Rheinland erfaßt. Die Fixierung der Medien auf die Außerparlamentarische Opposition in Berlin und Frankfurt ließ vergessen, daß sich am Rhein kulturrevolutionäre Initiativen entfalten, die in der ganzen Republik aufgegriffen werden. Ihre Besonderheit liegt in der Nähe zu den ideologischen und politischen Zentren der repressiven Adenauerrepublik: zu den Urhebern des klerikalen Moralterrors aus Köln, der das Leben der jungen Republik vergiftet, zu den Seilschaften der alten Nazis in den obersten Bundesbehörden und zu den ministeriellen Schaltstellen, die erneut Ermächtigungsgesetze vorbereiten, nachdem ihre Wirtschaftswunderpolitik die Erinnerung an den Faschismus in einer Konsumorgie erstickt hatte. Der Ekel vor dieser selbstqerechten Hohlheit, dann der Zorn darüber, daß selbst die Opposition sich dieser Verlogenheit anbiedert, schlägt auch hier um in lustvolle Provokation. Die haßerfüllte und doch ohnmächtige Reaktion des Establishments entbindet neue Energien: Furchtlosigkeit, Phantasie und die unbändige Sehnsucht nach authentischem Leben. In Köln etwa setzen Künstler, Undergroundfilmer, Tänzer und Popmusiker bald neue Maßstäbe für die gesamte Republik, Christen wagen den offenen Konflikt mit dem Klerus, Ausgestoßene (Zöglinge und Obdachlose) erkämpfen sich Freiheit und Häuser. Die studentische Spaßguerilla treibt es immer toller. Die Undergroundpresse bedient souverän die Reflexe der Kölner Staatsanwaltschaft. Intellektuelle, Lehrlinge, Gewerkschafter und Schüler werden bekennende Republikaner. Und die Genosslnnen aus Afrika und Lateinamerika vermitteln der APO das Gefühl, Teil eines weltweiten Befreiungskampfes zu sein. Hungrig nach Theorie, verführt von neuen Rauschzuständen, offen für anderes Lieben und Zusammenleben, fasziniert vom Sound der Beatles und Stones, von Hendrix und Zappa sind sich Männer und Frauen für kurze Zeit so nahe wie nie zuvor.

Der Bildband will in einer Auswahl aus Tausenden von Fotos und Dokumenten die schönsten Ereignisse wiederaufleben lassen und ein wenig die Atmosphäre einfangen, in der Verliebtsein und der Wunsch, die ganze Welt zu verändern, eins waren.